Mit der Circle Line unterwegs in Myanmar. Made in Yangon.


Auf Myanmar freuten wir uns ganz besonders. Was uns dort erwarten würde, war uns zu Beginn der Reise nicht ganz klar. Schnell schraubte sich unsere Erwartungshaltung noch in den ersten drei Stunden nach der erfolgreichen Einreise zurück. Auf dem Weg zum Hotel beobachteten wir vom Taxifenster aus die düsteren Straßenzüge Yangons und es stellte sich noch nicht sofort die begeisternde Vorfreude auf das Kennenlernen des Landes ein.

Unser neues Heim war wieder sehr bescheiden. Sehr bald wurde uns aber bewusst, dass der luxuriöse Standard bei uns im Lande für den Rest der Welt nicht selbstverständlich ist. So konnten wir den anfänglichen Schock über Schimmel- und leichtem Fäkaliengeruch kombiniert mit einer schwer verschließbaren Tür bald auf ein geringes Maß an Handicap herunterschrauben. Die nette junge Hotelangestellte versprach uns am folgenden Tag ein besser verschließbares Zimmer zur Verfügung zu stellen. „Yes Mam“ antwortete sie stets einsichtig. Obwohl es schon dunkel war und wir die Stadt noch nicht kannten, trauten wir uns trotzdem auf die Straßen, um das abendliche Treiben zu erforschen. Vor dem Hotel hatten unzählige kleine Händler ihre spartanischen Verkaufsstände direkt auf der Straße aufgebaut, um vorwiegend gebrauchte Handys an den modernen asiatischen Mann und die technisch interessierte asiatische Frau zu bringen. Wir durchquerten die Straßen noch etwas zögerlich und orientierten uns an den Hauptstraßen. Viele Seitenstraßen waren viel zu düster, als dass sie uns von einem kurzen Streifzug überzeugen konnten. Ratten, Müll und große Käfer kreuzten unseren Weg. Unser ständiger Begleiter, ein stinkend beißender Geruch, hielt uns davon ab unser Abendmahl, dass wir üblicherweise fast schon traditionell aus einer Garküche verköstigten, auch aus einer solchen zu uns zu nehmen. Die ersten Eindrücke der Stadt Yangon ließen vorerst Obacht bei der Essensaufnahme walten.

 


Beim abendlichen Streifzug galt unsere besondere Aufmerksamkeit den kauenden Menschen, die beim Lächeln ihre rot gefärbten Zähne oder Zahnstummel preis gaben. Änn verängstigte dieser Anblick zu Beginn noch. Auch sorgte sie sich wegen der vielen blutroten Spritzer am Boden. Schnell stellten wir fest, dass es einen Zusammenhang mit den kauenden Einheimischen und den blutähnlichen Pfützen geben musste. Wir gingen der Sache auf die Spur. Die Betelnuss, der Übertäter dieses blutroten Spiels, gab es hier an jeder Straßenecke für wenige Kyat zu erwerben. Verköstigt wird dieses berauschende Mittel in fast allen Altersklassen, von Männern wie auch von Frauen. Änn & Fränn waren sehr interessiert und ließen sich eine Vorführung geben. Der freundliche Mann wickelte einige Nusstücke zusammen mit Tabak und Kalk in ein grünes Blatt. Später recherchierten wir im Internet über die Wirkung der Nuss. Allerdings liefert Recherche nur das theoretische Wissen. Sollten Änn & Fränn den Praxistest wagen?


 

Insgesamt hinterließen die ersten Schritte in der Stadt bei uns gemischte Gefühle. Auf der einen Seite gab es hier sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, die einem schon beim kleinsten Lächeln mit großer Freunde herzlich zurück lächelten. Die Armut, der Müll und der Gestank auf der anderen Seite ließen uns noch bis in die Nachtstunden nachdenklich auf der Erlebte zurückblicken.
Die Nacht war sehr kurz, denn die Zeitverschiebung hatte uns noch fest im Griff. Zusätzlich versetzte uns ein nervendes Stechinsekt mit seinem hungrig gespitzten Rüssel in Angst und Schrecken und macht die nächtliche Erholungsphase zu einer Mückenjagdsafari.
Wie in Asien zu erwarten, startete der neue Tag mit einem eilastigen Frühstück. Änn & Fränn dachten darüber nach, einen digitalen Eierzähler zu installieren, um später den Eierkonsum der zurückliegenden 30 Tage auswerten zu können. Hoch motiviert, voller Taten- und Erkundungsdrang und mit unserer zusammengestellten Sightseeingtour in der Hosentasche marschierten wir los. Der Planet brannte bereits am frühen Morgen. Die übliche Stadterkundung wurde zur Challenge. Die Hitze und Sonne setzte unseren auf europäischen Winter getrimmten Körper auf Hochleistungsmodus. Immer wieder legten wir eine kleine Pause im Schatten ein, um den Kreislauf etwas zu akklimatisieren. Wir passierten die Sule Pagode, das Postamt, die St. Mary´s Cathedrale und eine Brückenkonstruktion, von welcher wir eine schöne Aussicht auf das Straßentreiben bekamen.

 

 

An einer kleinen brüchigen Verkaufsinstallation, die eine seltsame bunte Süßspeise anbot, kamen wir nicht ungeschoren vorbei. Fränn musste zur ersten Food Challenge antreten und meisterte ihre Aufgabe mit Bravour.

 

 

Das Highlight unserer Besichtigungstour allerdings legten wir nicht zu Fuß zurück. Wir fuhren mit der Circle Line ca. 45 Kilometer quer durch Yangon. Diese spannende Zugfahrt dauerte drei Stunden. Änn & Fränn waren sich nicht ganz sicher die Fahrt wirklich anzutreten, da die alte rostige Bahn keine Toiletten mit an Bord hatte. Wir dachten nur eine Millisekunde über die Toilettensituation nach und stellten uns einfach an den Schalter, kauften zwei Tickets für je 200 Kyat (umgerechnet 13 Cent) und nahmen im Zug Platz, denn auf dieses Abenteuer wollten wir auf gar keinen Fall verzichten.

 

 

Der Zug war heiß und kuschelig. Wir saßen zwischen den Einheimischen mit einem kleinen Fenster hinter uns im Rücken. Das Fenster war geöffnet und ermöglichte uns immer einen Blick außerhalb des Zuges zu werfen. Gleichzeitig versorgte es uns mit ein wenige frischer Luft. Die einheimischen Menschen stellten sich derweilen auf die lange Zugfahrt ein. Einige versuchten mit gesenkten Kopf ein kleines Nickerchen anzustimmen. Andere wiederum versorgten sich mit Musik aus ihrem Handy und nahmen das Gerät aufrecht und einsatzbereit in die Hände, um in der Zwischenzeit mit der digitalen Welt zu kommunizieren. Andere hingegen kauten zufrieden auf ihrem Blättchen mit der Betelnuss herum. Der für uns interessanteste Teil der Menschen verkaufte im Zug Bananen, Äpfel, Zitrusfrüchte, frittierte Spieß oder aber auch Weintrauben. Immer wieder kamen geschäftstüchtige Händler in unseren Wagon. Trotz der ausgedehnten Fahrzeit würden wir offensichtlich nicht verhungern.

 

 

Touristen, Händler, Bauern, die auch ihr Ernte im Zug transportierten, und unter Rausch stehende Einheimische begleiteten uns bei dieser Fahrt. Der Zug fuhr langsam und hielt an vielen kleinen Bahnhöfen, an denen die Einheimische ihre Ware zum Verkauf anboten. Die Freundlichkeit der Menschen kam hier besonders stark zum Ausdruck. Umsorgende Passagiere kümmerten sich immer sofort um unsere ordnungsgemäße Fahrkartenübergabe an den Kontrolleur. Jeden den man anlächelte, lächelte zurück. Da Zugfahren bekanntlich hungrig macht, besorgten wir uns Bananen. Fränn erfragte beim Bananenhändler den Preis für eine Banane. Der junge Mann antwortete promt: „40 Kyat.“ Eine einzige Banane konnte uns ausgehungerte Reisende jedoch nicht die nötige Befriedigung verschaffen. Wir gierten nach einer ganzen Staude mit 15 kleinen Bananen. Allerdings belief der Preis sich hier auf stattlichen 1.000 Kyat (umgerchnet 63 Cent). Fränn sah so ausgehungert aus, dass Finanzcheffin Änn, der die Hitze scheinbar die fürs Rechnen vorgesehene Gehirnhälfte lähmte, dem Geschäft sofort zustimmte.

 

 

Die offenen Fenster luden uns ein Yangon und Umgebung kennenzulernen. Allerdings erblickten wir die Bahnstrecke entlang fast ausschließlich Müll, einfache brüchige Behausungen der Bevölkerung, die einer Art Slum gleichkamen. Das Ganze versetzt mit verschiedenen üblen Gerüchen. Ab und zu konnte man ländlich bewirtschaftete Felder sehen. Das war nichts für schwache Nerven.

 


Während dessen boten die Händler immer wieder ihre Produkte an, die Menschen stiegen ein und wieder aus. Dabei hatte fast jeder ein liebes Lächeln für uns übrig. Nach drei Stunden Zugfahrt war das Schauspiel zu Ende. Die Zeit verging wie im Flug und es bleiben Eindrücke, die wir so schnell nicht mehr vergessen werden.
Zum Abschluss des Tages trauten wir uns endlich an die Garküchen heran. Das Abendessen, das Herzstück eines jeden Tages stand bevor. Ein Hotelangestellter gab uns für die bevorstehende Essensauswahl einen Tipp. Er markierte die Stelle mit vier Kreuzen auf unserer analogen Karte. Vier Kreuze vergibt man nicht einfach so, da musste schon etwas hinter stecken. Er sollte recht behalten. Vorfreudig tänzelten wir durch die dunklen Straßen, unser Essensziel immer direkt vor Auge. Als Vorspeise gab es für Änn eine frisch zubereitete Made.

 

 

Als Hauptmahl folgte ein gegrillter Fisch, ein Spieß Lotus, ein Glas frisch gepresster Saft und zum Nachtisch ein eierkuchenähnlicher Eierkuchen. Hochgradig zufrieden konnten wir so den Tag zu Ende gehen lassen.

 


Änn & Fränn wären nicht Änn & Fränn, wenn sie nicht schon den nächsten teuflischen Plan für den folgenden Blogbeitrag ausgeheckt hätten. Aber keine Sorge zunächst werden wir unseren touristischen Pflichten nachkommen und die Markthalle und die Shwedagon Pagode besuchen.

 

7 Gedanken zu „Mit der Circle Line unterwegs in Myanmar. Made in Yangon.

  1. Ihr seit verrückt 😜
    Danke das wir durch euren Blog fast live dabei sein können. Auch wenn ihr noch so viele tolle Abenteuer erlebt, ich könnte euch nicht begleiten, ich würde verhungern 🙈
    Passt auf euch und eure Mägen auf und weiterhin eine traumhafte Reise
    Ganz liebe grüße

    1. Ach Quatsch mit uns würdest du das auch essen. Sieht Alles erst einmal nur komisch aus. Schmecken tut es dann sehr gut.
      Noch halten unsere Mägen. Wir haben einen grandiosen Verdauungstrakt. Liebe Grüße nach Falkensee

  2. Ist wie immer sehr beeindruckend geschrieben, wenn man den Blog richtig verfolgt, ist man mit dabei. Weiter so und passt auf euch auf. Liebe Grüße aus dem kalten Deutschland Mutti

  3. HALLO ihr Zwei. Das hoert sich ja ganz gut an mit der Made, die sieht auch lecker aus. Aber das mit dem Gestank ist schon nicht sogut aber vielleicht gewoehnt man sich daran. Wichtig sind die Eindruecke und die sind bestimmt sehr einzigartig. Bin gespannt wie es weiter geht. Passt auf Euch auf und bleibt gesund. Lg aus Kenya

  4. Hallo Diana!
    Die treuste Blogleserin. Danke für deine schönen und tollen Kommentare. Ich freue mich immer sehr von dir zu lesen. Wir haben von den Mücken auch unsere Stiche zu Genüge überbekommen. Die Bierpreise hier sind angenehm. Im Supermarkt könnt ihr das Bier auch für unter einen Euro erwerben. Grüße Frank von mir und habt noch eine schöne Zeit. Liebe Grüße Anja

  5. Good Morning noch aus Vitnam! Da heute unser letzter Tag hier in Mui Ne anbricht und wir von 100 Mückenstiche gebeutelt sind geht es früh raus . Und als erstes der Blick aufs Handy… ihr seid wieder im Netz. So kann ein guter Tag starten! Müll und Dreck habe ich hier in Vietnam auch gesehen aber ich denke das ihr den Dreck noch toppt.
    Armut und Müll, aber wo soll der Dreck auch hin, wie in allen armen Ländern wird der Dreck irgendwann angekokelt oder er verrottet von selbst. Müllabfuhr wird es nur für die Hotels geben. Aber die Herzlichkeit der Menschen ist auf den Fotos zu sehen. Doch es bleibt dabei ich will immer noch nach Burma. Am Rande Was kostet das 🍺?
    Zur Made sage ich mal nix !!! Schönen Tag und vielleicht hören wir uns heute Abend noch. Morgen früh gehts nach Saigon ! LG Diana

    1. Guten Morgen aus Yangon, Mücken überall aber man gewöhnt sich dran.
      Gestern ging es um 6 Uhr Richtung Busbahnhof und dann zum Goldenen Felsen. Was für eine Horrorfahrt, der Beitrag folgt. Schon beeindruckend wie sich das Land hier gerade entwickelt. Aktuell fährt man noch mit einem Laster zum Felsen hinauf.
      Ein Land der Kontraste mit Armut und Reichtum aber sicher fühlt man sich hier überall. Myanmar ist auf jeden Fall eine Reise wert!
      Das Bier (650 ml) kostet im Restaurant 2500 Kyat das sind umgerechnet 1,60 €. Hoffentlich schaffen wir es heute Abend zu telefonieren. Morgen gehts für uns nach Bagan. Viele Grüße aus Yangon

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