Mit dem Fahrrad von Berlin zur Ostsee: 6 Tage, 230 km

Unser Ziel: Ostsee
Wie? Mit dem Rad von Berlin zu Ostsee auf dem Berlin-Usedom Radfernweg

Dank Corona mussten wir unsere Reisepläne den Gegebenheiten 2020 anpassen. Da der letzte Urlaub nach Indien schon wieder einige Monate her war und wir mehr als urlaubsreif, musste ein Plan her. Was es nicht sein durfte: langweilig. Es sollte wie immer ein Abenteuer sein.
An einem sommerlichen Abend im Juni kam uns die Idee, eine Reise zur Ostsee wäre doch was. Durch Corona war eine Flugreise für uns nicht vertretbar und die Schweige-Retreats waren alle schon ausgebucht, also der Plan mit dem Rad zur Ostsee. Die richtige Planung begann für uns erst im Juli und leider stellten wir relativ schnell fest, dass es nur noch wenige Unterkünfte gab. Zelten kam für uns nicht infrage da wir nicht noch mehr Gepäck mitnehmen wollten und auf ein ordentliches Frühstück konnten wir wie immer nicht verzichten – ein wenig Urlaubsstimmung muss schon sein. Die Route planten wir nach den Verfügbarkeiten der Hotels entlang der Strecke und da es kaum noch Unterkünfte gab, ging die Buchung relativ schnell, ein Abend und das Abenteuer war geplant. Die Fahrräder waren vorhanden und als Ausrüstung gab es kurz vor Abreise eine modische Fahrradmütze, für jeden ein paar gepolsterte Rad Hosen zum Schutz und ein kleines Multifunktionswerkzeug mit den wichtigsten Schlüsseln, falls sich eine Schraube auf der Fahrt lösen sollte. Eine Fahrradtasche kauften wir noch dazu und zwei weitere konnten wir uns von einer lieben Freundin ausleihen. Fahrradschläuche waren uns zu schwer, unser Motto der Tour: „Wer gut aussieht ist halb da.“

230 Kilometer

Die Tour: 👉 https://www.komoot.de/tour/238276156

Tag 1: Etappe Nr. 1 – 35 Kilometer

Am Donnerstag den 13, August war es endlich so weit, es ging vom Potsdamer Platz mit dem Regionalexpress im überfüllten Fahrradabteil nach Bernau. Dort war unser Startpunkt für die erste Etappe, 34 Kilometer. Bei strahlendem Sonnenschein und 30 Grad ging die Radtour los vorbei an wunderschöner Natur. Unser erstes Ziel war der Werbellinsee. Wir durchfuhren grüne Wälder, überall duftete es nach Kiefern und die Bäume gaben uns den nötigen Schatten die Fahrt zu meistern. Bis auf zwei kurze Streckenabschnitte war der Weg einfach. Immer entlang dem Werbelinkanal ging es zu unserem ersten Hotel. Das Wasser war kristallklar so wie wir es in Kroatien das letzte Mal in Europa erlebt hatten. Es muss nicht immer mit dem Flieger ins Ausland gehen, wir machten einen kurzen Halt am Kanal und genossen die Natur. 

Irgendwie waren wir dankbar, dass Corona uns zum Urlaub in Deutschland gezwungen hatte. Der Höhepunkt des Tages war die Ankunft am Seehotel. Das Hotel lag direkt am See und sah von außen sehr nobel aus. Erstmal runter von den Rädern und schnell an die Rezeption einchecken, wo wir erstmal etwas komisch angeschaut wurden. Zwei junge Damen in Fahrradhose, bunten Mützen und Fränn dann mit dem Nasenring und den bunten Tattoos. Die Dame schaute etwas verwundert hinter ihrer Corona-Sicherheitsscheibe vor. Vor uns standen zwei junge Damen und ein Herr die vor uns eincheckten. Die Stimme kam Fränn bekannt vor. Der Herr drehte sich um, es war Benno Fürmann, der deutsche Schauspieler, der scheinbar auch hier schlief und die Frau an der Rezeption mit seiner hektischen Art etwas aufregte. Danach fragte uns die Frau an der Rezeption: Sie wünschen? Fränn: „Eine Nacht für zwei, wir haben reserviert.“ Schnell merkte sie, dass wir tiefen entspannt waren und somit wurde sie immer lockerer und gab uns den Schlüssel mit dem Aufdruck „Seeblick“ und der Name war Programm, wir schlossen die Zimmertür auf und wir hatten doch wirklich ein Zimmer mit Seeblick – ein Traum. Also erstmal raus aus die durchgeschwitzten Fahrradsachen und duschen. Danach ab an den privaten Hotelstrand, wo wir den Nachmittag genossen. 

Zum Abendessen blieben wir im Hotel da es weit und breit nichts anderes gab. Für jeden gab es ein Schnitzel und ein Radler zur Stärkung. Es war der perfekte Start für eine kleine Auszeit.
Frisch gestärkt ging es auf unser Zimmer Sachen packen, Instagram Story posten und ein wenig Börsennachrichten für Fränn, denn seit Ende letzten Jahres hatte sie ein neues Hobby. Kein Abend ohne Börsennews und durch Corona hatte sie auf die ein oder andere hochspekulative Aktie gewettet, die sie nun jeden Abend verfolgte. Gegen 22 Uhr war dann aber Nachtruhe angesagt da wir keine Energie mehr hatten und Kraft für den neuen Tag tanken mussten.

Tag 2 Etappe Nr. 2 – 56 Kilometer

Am nächsten Morgen ging es wie immer, erstmal zum Frühstücksbuffet. Ein Traum von einem Buffet. Rührei, Speck, Lachs, Croissants und allerlei andere leckere Sachen – alles was das Frühstücksherz begehrt. Gegen kurz vor zehn checkten wir leider aus der ersten perfekten Unterkunft aus und hofften, dass wir weiterhin so ein Glück haben sollten. Der Himmel war etwas bedeckt und es nieselte doch die nette Dame von der Rezeption versicherte uns, dass es dabei blieben sollte und richtiger Regen heute nicht kommen sollte. Also rauf auf die Räder und alle vier Taschen an dem Gepäckträger befestigt, Fahrradmützen auf und los. Etappe 2: 56 Kilometer erwarteten uns heute. Der erste Abschnitt des heutigen Tages war ein Traum, immer am See entlang, leichter Nieselregen zur Abkühlung und gut befestigter Untergrund. Die Räder fuhren fast von alleine, doch die Strecke hatte es in sich, denn Mariana wollte bei unserer Lieblings-Navigation App Komoot ein paar Kilometer sparen und hielt sich nicht an die offizielle Route. Statt Fahrrad oder Rennrad bekamen wir eine Mountainbike-Strecke. 

Das Blöde nur, keiner von uns hatte ein Mountainbike. Fehlende Federgabel und ausreichend Gänge am Rad erschwerten uns die Fahrt über Kopfsteinpflaster und Sandboden. Im Wald zerstochen uns dann die Mücken doch egal der Ausblick in die grüne Natur entschädigte die kleinen Biester. Teilweise mussten wir schieben aber egal dafür war die Strecke ein Traum. Es ging direkt durch einen wunderschönen Wald, links und rechts Wasserlandschaft. Immer wieder hielten wir an und aßen Waldbeeren am Wegesrand. Nach dem Waldstück ging es wieder kleine Wege entlang und überall gab es kleine Verkaufsstände mit regionalen Produkten, doch leider hatten wir keinen Platz im Gepäck. 

Natur pur, unsere überfluteten Synapsen kamen endlich mal wieder zur Ruhe. Die meiste Zeit keine Menschenseele, nur wir und die Natur und ab und zu ein paar Autos oder andere Radfahrer die unseren Weg kreuzten. Nach ca. 34 Kilometer kamen wir in Stegelitz an. Es war Mittagszeit und der Magen zwickte, Fränn hielt Ausschau nach einem geeigneten Mittagstisch und wie der Zufall es wollte, kam auf einmal ein Schild am Straßenrand „Biergarten“. Ein Biergarten im Nirgendwo? Das müssen wir unterstützen, also runter vom Rad und ab auf die Bierbank. Vor dem Gebäude befindet sich auf der rechten Seite der Imbiss zum Bestellen, in der Mitte ein Bücherregal in einer Eingangstür, wo man für 2 € gelesene Bücher mitnehmen kann und links dann der Biergarten im Hof zum gemütlichen Sitzen.

Der perfekte Stopp für uns. Wir bestellten zweimal die Kartoffelsuppe mit Bockwurst, eine selbstgemachte Rhabarberschorle für Mariana und ein Radler für Fränn. Im Innenhof konnte man wunderschön sitzen, sehr rustikal und authentisch. Nach ca. fünf Minuten erklang eine Klingel, die Bestellung war abholbereit. Die selbstgemachte Suppe war vorzüglich, nicht einfach aus der Dose, nein selbst gekocht und das schmeckte man, ein absoluter Geheimtipp für nur 3,50 Euro.

Am liebsten hätten wir auch noch den selbstgemachten Kuchen verkostet, doch leider hatten wir ja noch ein paar Kilometer vor uns, vielleicht das nächste Mal. Wir bedankten uns beim Koch für das köstliche Essen und zur Belohnung für die tolle Radel-Leistung gab es für Mariana ein Buch aus dem Regal. Der Besitzer erzählte uns, dass die Einnahmen direkt an die Kirche gehen, verrückt mit wie viel Herzblut der gute Mann diesen kleinen Imbiss betreibt. Das nächste Mal machen wir auf jeden Fall wieder einen Stopp beim kleinen Hofimbiss in Stegelitz. 

Gestärkt ging es weiter Richtung Röpersdorf und kurz vor unserem nächsten Etappenziel kamen wir an einem alten Konsum vorbei, Fränn hielt sofort an. Der Laden erinnerte sie an ihre Kindheit, er sah aus wie ein typischer Konsum (Verkaufsladen) im Osten. Also Stopp, Räder abstellen und kurz in den Laden, vielleicht gibt es hier noch Köstlichkeiten aus vergangenen Zeiten.

Aus dem Konsum kamen alte Herren mit Schnaps in der Hand, Mütter mit Kindern und ältere Damen. Vor dem Konsum stand ein Aschenbecher der Zigarettenmarke „Club“ in blau-weiß, ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten. Also die Mund-Nasen-Bedeckung auf und rein ins nostalgische Vergnügen. Drinnen sah alles aus wie vor 30zig Jahren, schaute man näher hin dann fiel natürlich das facettenreiche Angebot auf. Von der Süßsauer-China Soße bis hin zu Batterien, Postkarten und Obst gab es hier echt alles. Sogar eine Fleischtheke und Backwaren gab es in dem kleinen Laden, verrückt denn der Laden war, keine 100 Quadratmeter groß. Gekauft wurden nur ein paar Batterien für den Mückenstab und weiter ging die Tour. Nochmal ca. 3 Kilometer und wir waren auch schon am heutigen Etappenziel in Röpersdorf am Westufer des Uckersees südlich von Prenzlau angekommen. 56 Kilometer hatten wir seit heute Morgen zurückgelegt und es war nicht so schlimm wie vorher vermutet hatten, dank der gepolsterten Radhose saßen wir bequem auf dem Sattel, ein Kauf, der sich gelohnt hatte. Wie immer schnell duschen und ab an den See die Beine kühlen. 

Auch hier war das Wasser wieder klar und alles sehr sauber, laut Aushang 3 von 3 Sternen, die beste Wasserqualität, die man in Brandenburg erreichen kann. Über einen neuen Steg gelangten wir direkt zum Wasser wo wir Platz nahmen und den Tag ausklingen ließen. Danach ging es zum Hotel zurück ins Restaurant. Das Restaurant war die erste und einzige Wahl denn mehr gab es auch hier nicht. Einen Flammenkuchen für Mariana und eine Forelle für Fränn. Das Essen war „okay“ aber bei langem nicht so gut wie das Schnitzel in unserem ersten Hotel direkt am See. Nach dem Essen hieß es noch Blog, irgendwie hatte es der Laptop trotz Platzmangel doch irgendwie in die Fahrradtasche von Fränn geschafft.

Tag 3 Etappe Nr. 3 – 34 Kilometer

Am nächsten Morgen hieß es wie immer Frühstücksbuffet plündern und wir wurden nicht enttäuscht im Gegenteil. Eine freundliche ältere Dame begrüßte uns herzlich und schon ging die Buffet Plünderei los. Rührei, Speck, Joghurt mit Obst, Kaffee, Saft und ein wenig von der selbstgemachten Leberwurst, die wir seit ewiger Zeit nicht mehr gegessen hatten. Frisch gestärkt ging es auf die Strecke und wieder strahlender Sonnenschein.

Die Sonne brannte auf den Armen doch die Strecke hatte kein Erbarmen, es musste weiter gehen da wir zum nächsten gebuchten Hotel mussten. Ein großer Teil der Strecke verlief parallel der Autobahn oder der Bundesstraße und es gab kaum Schatten somit gestaltete sich der Abschnitt als sehr zäh. Zum Ende der Tagestour gab es zur Stärkung frische Pflaumen vom Wegesrand, nichts für schwache Vegetarier Nerven, denn in 90 Prozent der Pflaumen, die wir öffneten, befanden sich kleine Würmer. Nach der ein oder anderen Pflaume ging es dann weiter Richtung Pasewalk zum nächsten Hotel. An der Rezeption angekommen erzählte uns der junge Mann, dass heute Abend eine Veranstaltung in dem Hotel sei und wir in ein anderes Gebäude, die Straße runter, umziehen müssten was erstmal nicht schlimm war, bis auf die Entfernung, die Fahrradtaschen waren schwer und wir erschöpft von der Fahrt. Egal, was tut man nicht alles für ein ruhiges Zimmer, da kann man schon mal ein wenig Weg auf sich nehmen. Der Mann gab Fränn den Schlüssel und zeigte mit dem Finger auf das Haus: „Das dort hinten ist das Haus, in dem Haus befindet sich noch eine Unternehmensberatung, dort müssen Sie hin.“ Also Fahrräder in die Hand und rüber zur Unterkunft.

Fränn nahm den Schlüssel, ging in das Gebäude und suchte das Zimmer. Nach ca. 3 Minuten kam sie aus dem Gebäude wieder raus. Sie war genervt, da sie das Zimmer nicht fand und war wütend über den Service da das Hotel nicht gerade günstig war. Mariana nahm den Schlüssel und probierte ihr Glück und hatte Erfolg. Die Nummerierung der Zimmer war sehr versteckt. Mittig von der Unternehmensberatung und dem Rechtsanwalt befand sich ganz klein „Zimmer 1“. Sie betraten das Zimmer und schon das nächste Problem, der Zimmerstandard war nicht das, was Fränn gebucht hatte. Weder ein Balkon, Sitzbereich zum Blog schreiben noch eine Wanne war vorhanden. Sorry, aber für 114 € die Nacht dafür, dass man noch nicht mal in dem Hotel schläft, was man gebucht hatte? Das ging nicht. Also wieder zurück zum Hotel und ganz sachlich mit GFK (Gewaltfreier Kommunikations-Technik) mit dem Herrn an der Rezeption nochmal über die Situation reden. Zum Anfang war er wenig kompromissbereit, doch Fränn schaffte es eine Lösung zu finden, denn gebucht war gebucht und das musste man sich nicht gefallen lassen. Somit gab es den Kompromiss, dass der Herr sich um einen Rabatt kümmert und wir das Zimmer 1 behalten da es ja auch nur diese eine Nacht war, Mariana verzichtete auf ihren Balkon. Also wieder zurück zum Zimmer frisch machen und den Tag mit einem Eisbecher und den Abend mit einem Döner Teller in Mecklenburg-Vorpommern ausklingen lassen. Mehr gab es hier diesmal nicht zu entdecken. Am Abend hieß es mal wieder Blog schreiben und die Fotos vom Tag sichten. Entspannter hätte der Abend kaum sein können, bis auf einmal die Dorfjugend mit einer riesigen Bass-Box die Straße rauf und runter zog. Direkt vor dem Fenster machten sie einen Zwischenstopp, zum Glück zogen sie nach kurzer Zeit weiter und wir hatten wieder unsere Ruhe. 

Tag 4 Etappe Nr. 4 – 52 Kilometer

Am nächsten Morgen ging es die Straße hinauf zu unserem Frühstücksbuffet im gebuchten Hotel wo wir ja leider nicht schlafen konnten wegen der privaten Feier. Das Frühstück war okay, nichts Besonderes so wie die Freundlichkeit und der Service in dieser Unterkunft. Vor dem Essen erzählte uns der junge Herr vom Empfang von gestern Abend, dass das Zimmer nun etwas günstiger sei. Unsere Freude hielt sich in Grenzen denn die Ausstattung und die Verlegung in ein anderes Objekt war mit Verzicht und Mehraufwand für uns verbunden. Also warum Freude? Das war ja wohl das mindeste für jetzt 99 € die Nacht statt 114 €. Nach dem Frühstück wurden wir nochmal von dem jungen Herrn von gestern Abend genervt, ob wir auch ja schon bezahlt hätten. Scheinbar hatte er ein Problem mit uns, warum wussten wir nicht. Fränn ging zur Rezeption und checkte aus, endlich ging die Tour weiter denn die Gastfreundlichkeit ließ hier echt zu wünschen übrig. Also die Fahrräder aus dem Schuppen holen, zur anderen Unterkunft die schweren Taschen an die Räder befestigen und wieder zurück zum Hotel den Schlüssel abgeben. Die Frau an der Rezeption verabschiedetet uns, doch nur kurze Zeit später bekam Fränn einen Anruf von der Dame. Die Rechnung war scheinbar doch noch nicht beglichen, ihre Frage, ob sie die Zahlung durchführen dürfte oder ich nochmal zurückkommen würde. Der Höhepunkt der schlechten Laune war erreicht, unfassbar. Aber egal denn es war ja zum Glück nur diese eine Nacht. Also gab Fränn der Dame von der Rezeption nochmal ein „okay“ und weiter ging die Tour, denn heute standen 55 Kilometer auf dem Tachometer, was nicht wenig war. Strahlender Sonnenschein und endlose Felder prägten wieder unseren Weg. Diesmal war ein großer Teil der Strecke Landstraße was sehr viel Konzentration erforderte da die Autos mit hoher Geschwindigkeit an uns vorbeizogen.

Nach ca. 3 Stunden erreichten wir Anklam, unser Hotel befand sich leider nicht im Zentrum da alles schon ausgebucht war aber egal wir hatten ja eh keine Kraft für eine Stadttour. Gleiches Szenario wie jeden Tag – duschen, umziehen und einen kleinen Snack suchen. An der Aral Tankstelle unweit des Hotels genehmigten wir uns zwei Eis und zwei Kaffee zum Mitnehmen und wieder zurück zum Hotel. Auf der Terrasse ausruhen und am Abend, mit dem Rad in die Stadt da das Restaurant im Hotel leider nur von Montag bis Donnerstag besetzt ist und verhungern wollten wir ja nicht. Mariana reservierte einen Tisch in der „Gaststätte am Steintor“ wo wir den Abend mit Burger und einem Glas Weinschorle ausklingen ließen.

Tag 5 Etappe Nr. 5 – 37 Kilometer

Der vorletzte Rad Tag war angebrochen und immer noch kein Muskelkater in den Beinen, verrückt. Wir freuten uns auf unser Ziel Usedom. Nach dem Frühstück ging es nochmal schnell aufs Zimmer alle Sachen zusammenpacken. Fränn zog ihr frisch gewaschenes Trikot an und betrachtete es das erste Mal etwas genauer. Sie kaufte es vor vielen Jahren in der GARAGE in Berlin, einem Secondhandladen. Auf dem Arm ist die philippinische Flagge abgedruckt und hinten stand „Phillippians 2:3,4“ und drüber ein paar Zeilen gedruckt. Es war ein echtes Wettkampftrikot und somit dachte Fränn, das 2:3,4 die gefahrene Zeit von dem Radfahrer war, klang logisch dachte sie. Sie zeigte Mariana das Trikot und erzählte es mit einer Überzeugung als ob sie das Rennen selber gefahren sei. Mariana konnte nicht mehr vor Lachen, ist sie zwar nicht gläubig aber das „Phillippians 2:3,4“ war ihr vertraut und wie der Zufall es wollte lag eine Bibel neben dem Bett. Also Bibel in die Hand und das Kapitel aufgeschlagen; Seite 300, Philipper 1-2. Fränn war die Situation sehr unangenehm, aber wie sagt man so schön „Reisen bildet“ – wieder etwas gelernt. Voller Tatendrang packten wir die Sachen zusammen und der vorletzte Rad Tag ging los. Das Wetter hätte wieder nicht besser sein können mit 25 Grad, also rauf auf den Sattel und los gestrampelt. Wieder ging es vorbei an wunderschöner Natur, endlich über die Zecheriner Brücke und wir waren auf der Insel Usedom angekommen. Jetzt konnte man das Meer schon riechen! Und nicht nur im Gegenwind der immer mehr wurde. 

Nach ca. 33 Kilometer erreichten wir unser neues Domizil die „Alte Schmiede“ direkt an einem großen Feld, im Landhausstil eingerichtete Unterkünfte. Fahrräder abstellen und rein an die Rezeption, einchecken und die Gegend erkunden. Die ältere Frau an der Rezeption musterte Fränns Tätowierungen und fragte nach ihrem Anliegen. Fränn: „Ich habe eine Nacht für zwei Personen gebucht.“ Sie überprüfte die Reservierung und gab Fränn etwas verwundert die Schlüssel. Das Haus gleich neben der Schmiede war unser neues Heim, zwar nur für eine Nacht aber egal. Es war sonderlich leise hier denn im Gegensatz zur letzten Nacht gab es hier nur die eine Straße und die Felder um uns herum und ein kleines Pfadfinderlager erblickte man, wenn man aus dem Fenster schaute. Erstmal schnell alles auspacken und einen kleinen Snack zur Stärkung in dem Restaurant der Schmiede. Neben uns saßen die klassischen Deutschland Urlauber (wie wir sie uns vorstellen). Zwei dicke deutsche Eltern mit zwei kleinen (dicken) Kindern. Für die Kinder gab es die kulinarischen Klassiker Chicken-Nuggets und Pizza, als Getränke gab es Fanta und Cola. Eigentlich wollten wir nur ein Stück Kuchen, einen Sanddornsaft genießen und unsere Bücher lesen doch die ganze Zeit ermahnten die Eltern die Kinder: „Psst, seid doch mal ruhig!“. Zur Belohnung fürs nicht aufessen gab es für die beiden Kleinen zwei Eisbecher, den zweiten des Tages natürlich wie wir durch lautstarke Diskussion nun auch wussten. Irgendwie waren wir wie immer anders und das wurde uns in dieser Situation wieder einmal bewusst, aber das war auch gut so. Danach genossen wir die Ruhe und es ging wieder zurück auf Zimmer. Mariana wollte noch einen kleinen Spaziergang absolvieren bevor es heute Abend auf ein richtiges Wasserschloss ging. Schloss Mellenthin – ein Wasserschloss nur 5 Minuten Fußweg von der Schmiede entfernt. Wir reservierten einen Tisch für zwei Personen und waren gespannt was uns erwartet. 

Das Schloss ist umgeben von einem Wassergraben und sehr gut erhalten, es herrschte ein reges Treiben auf dem Hof. Freundlich empfing man uns und brachte uns zu unserem Tisch. Eine Brauerei, eine Kaffeerösterei und eine Destille befinden sich auf dem Gelände. Zweimal Fisch und zwei selbstgebraute Bier waren unsere Wahl und das Bier war vorzüglich. Es war so gut, dass wir noch ein zweites und einen Bierlikör probieren mussten. Wir genossen die Schloss-Atmosphäre und beobachteten die typisch deutsch aussehenden Menschen. Die eine Frau hatte es Mariana besonders angetan. Die ganze Familie war sehr gut genährt und komisch modisch gekleidet. Marianas Wortlaut zum Shirt der Frau „RTL2 in einem T-Shirt“ was auch immer das heißt. Wir genossen den Fisch und das Bier und zogen leicht angeschwipst zur Unterkunft zurück. 

Tag 6 Etappe Nr. 6 – 37 Kilometer

Der letzte Tag war angebrochen nur noch einmal radeln und wir sind am Ziel der Reise, endlich Urlaub. Ein letztes Mal das Fahrradtrikot angezogen und abging es auf die Strecke. Die Sonne war wieder auf unserer Seite, es war warm und perfektes Wetter. Diesmal war der größte Teil der Strecke feste Straße und um so näher wir der Küste kamen desto mehr setzte der Wind ein und erschwerte uns die Tour, aber das war uns vollkommen egal denn wir mussten nur noch 15 Kilometer fahren. Nicht nur mehr Wind, sondern auch mehr Fahrradfahrer kreuzten auf der Insel Usedom unseren Weg. 

Auffällig waren die viele E-Bikes, wir kamen uns teilweise schon etwas veraltet vor da hier fast jeder ein elektronisches Gefährt hatte. Plötzlich sahen wir von weitem das Meer, wir konnten es kaum fassen. 230 Kilometer in sechs Tagen lagen nun hinter uns. Wir beschlossen direkt mit dem ganzen Gepäck an den Strand zu fahren, um diesen einen Moment per Foto festzuhalten.

Mariana war besonders stolz, Sport ist nicht ihre größte Leidenschaft. Fränn lockte sie vor der Reise mit Eis und Kuchen: „Bei jedem Stopp gibt es eine Belohnung“. Schade nur, dass es auf der ganzen Strecke nicht so viele Gelegenheiten für Eis und Kuchen gab. Somit gab es diesmal sofort die Belohnung – ein Stück frischen Kirschkuchen und dazu zwei Saft-Schorlen zur Erfrischung. Ab diesem Zeitpunkt hieß es dann auch Urlaub statt Reise. Wir genossen noch ein paar weitere Tage in Heringsdorf mit Fischbrötchen und Küstenluft. Bis ganz bald, wenn es wieder heißt: …Rucksackblog auf Reisen! 

Ein Gedanke zu „Mit dem Fahrrad von Berlin zur Ostsee: 6 Tage, 230 km

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